19. März 2013

Tipps und Tricks - Die Andenländer

Es ist wieder mal Zeit, ein Fazit zu ziehen... diesmal über Südamerika, oder besser gesagt die Teile des Kontinents, welche wir bereist haben. Eine wichtige Erkenntnis gleich am Anfang: Man kann die Andenländer (Ecuador, Peru, Bolivien) nicht mit dem europäisch geprägten Süden (Argentinien/Chile) vergleichen. Deswegen haben wir uns entschieden, hierfür zwei separate Blogs zu schreiben. Den Anfang machen wir, unserer Reiseroute entsprechend, mit der nördlichen Region.

Länder und Leute:

Vom ersten Moment an besteht kein Zweifel mehr: Man ist im ursprünglichen Lateinamerika angekommen. Bolivien hat den höchsten Anteil indigener Bevölkerung in ganz Südamerika, gefolgt von Ecuador und Peru. Eine weitere grosse Gruppe der Einheimischen wird als „Mestizen“ bezeichnet. Dieser Bevölkerungsteil hat neben indigenen auch europäische Wurzeln. Trotz spanischer Sprache und katholischem Glauben sind aber auch die Mestizen kulturell ziemlich weit von Europa entfernt.

Als westlicher Tourist fällt man somit nur schon optisch auf. Wer allerdings freundlich ist, ein bisschen spanisch spricht und sich kleidungstechnisch der Bevölkerung anpasst, der wird auch schnell von den Einheimischen respektiert und wie ein solcher behandelt. (Kleidung: dezent und sauber - Flipflops, Trekkinghosen, Shorts und Trägershirts besser gleich im Hostel lassen...). Der allgegenwärtige Ausdruck „Gringo“ muss auch nicht unbedingt als Schimpfwort aufgefasst werden... es scheint, als würde damit einfach alles bezeichnet, was nicht ursprünglich aus der jeweiligen Region kommt (US-Amerikaner genauso wie Europäer, Australier oder sogar Chilenen und Argentinier).

Entgegen unserer Erwartung trafen wir nur selten auf heissblütige Latinos wie man sie sich in Europa vorstellt. Besonders die Bewohner der Bergregionen sind sehr zurückhaltend. Ist jedoch das Eis gebrochen, zeigen sie sich sehr interessiert, besonders zum Thema „Familie, Heiraten und Kinder“. Man sollte sich da schon mal vorsorglich ein paar Standard-Antworten bereitlegen. :-) Und dann waren da noch die einheimischen Kinder, welche je nach Region noch selten Reisende wie uns gesehen hatten. Zuerst meist schüchtern kichernd und tuschelnd, bis dann irgendwann das Mutigste fragte, wo wir herkommen, und wie’s dort so aussieht.

Allgemein wurden wir in Ecuador/Bolivien stets als Gast oder Besucher behandelt und hatten selten das Gefühl, als Fremde aufzufallen. Hier unterscheidet sich Peru jedoch gewaltig. Besonders in den touristischen Regionen bekamen wir das Gefühl, als sehen die Einheimischen in uns vor allem „wandelnde Geldautomaten“. Während wir z.B. in Quito an Marktständen die passiven „Verkäufer“ fast wecken mussten um was zu kaufen, wurden wir in Peru vor den Souvenirhändlern beinahe verfolgt. Auch merkten wir, dass Vieles was traditionell wirkt, eigentlich nur Show ist. So gehen die „Bewohner“ der Schilfinseln im Titicacasee, welche im grossen Stil von Touristen besucht werden, abends wieder ans Festland und übernachten in normalen Häusern. Trotz dem boomenden Tourismus erlebten wir die Peruaner meist als unzufrieden, strebend nach westlichen „Idealen“ wie Handy’s, schicken Autos und Fernsehern. 

Ganz anders sieht dies in Bolivien aus, dem ärmsten Land Südamerikas. Hier schienen die Menschen irgendwie glücklich. Man ist weder von ausländischen Touristen noch von der eigenen Regierung abhängig. Jeder versucht sich irgendwie durchzuschlagen, sei es als Kleinbauer, Sammeltaxifahrer, Strassenkoch oder Marktfrau, und irgendwie scheint es für alle einigermassen aufzugehen. Trotz scheinbarer Anarchie im Strassenverkehr und unübersichtlicher illegaler Märkte ist die Kriminalitätsrate eine der tiefsten in Lateinamerika, was auch wieder zeigt, dass die Bolivianer mit ihrer Situation mehr oder weniger zufrieden sind. Wenn es der umstrittene Präsident Evo Morales irgendwie schafft, die schockierend hohe Kindersterblichkeit zu senken, dann könnte Bolivien seine Traditionen unverfälscht in die moderne Welt retten. Ecuador ist dies bereits ziemlich gut gelungen. Wir würden es dem gebeutelten Land und seinen sympathischen Einwohnern jedenfalls gönnen.

Ärgerliches:

Es gibt unzählige verschiedene Varianten, sich in Südamerika über den Tisch ziehen zu lassen. Der mit Abstand verlässlichste Weg ist jedoch eine Taxifahrt. Es gibt wohl keine Berufsgruppe, welche weniger Ansehen geniesst als die Taxifahrer, und trotzdem ist man oft auf deren Service angewiesen.

Allgemein gilt: Immer wenn man denkt, man kenne alle Tricks, wird man erst recht vorgeführt. Taximeter sind entweder „kaputt“ oder gar nicht erst vorhanden und Wechselgeld hat ein Taxifahrer sowieso nie. Also immer zuerst den Preis aushandeln und schauen das man dies passend in der Tasche hat, am Besten bevor man nur schon einen Schritt mit dem Taxifahrer mitläuft. (Hört sich einfach an, ist’s aber meist nicht.) Meist geben die Hostels ungefähre Taxikosten vom Busbahnhof her an, so vermeidet man wenigstens Fantasiepreise. Schlussendlich bezahlt man als „Gringo“ aber sowieso immer mehr als eigentlich angebracht wäre. (Zum Trost: Verglichen mit Europa sind Taxifahrten trotzdem relativ günstig.)

Gefährliches:

Glücklicherweise erlebten wir nie Situationen, in welchen wir um unser Leben oder unsere Gesundheit fürchten mussten. Dass unser Laptop aus dem Hotelzimmer geklaut wurde war zwar ärgerlich, aber solche Sachen können nun mal überall passieren. Um Gefahren aus dem Weg zu gehen, verhielten wir uns meist wie die Einheimischen und benutzten den „gesunden Menschenverstand“.

In Städten waren wir nie im Dunkeln zu Fuss unterwegs. Besonders Quito wirkt abends wie ausgestorben, und das Viertel Mariscal, auch „Gringoland“ genannt, wird zur gefährlichsten Zone der Stadt. Im Gegensatz dazu ist Lima’s Touristenzone „Mirasol“ gut überwacht, auch verglichen mit anderen „Barrios“ der peruanischen Millionenmetropole. In kleineren Orten wie Baños, Puerto Ayora, Huacachina, Copacabana oder Uyuni hingegen fühlten wir uns rund um die Uhr sicher. Auch Cusco wirkte auf uns nicht bedrohlich, wahrscheinlich vor allem aufgrund des hohen Touristenanteils.

Auffälliges:

Man hört ja genug Schauermärchen was das Thema „Bargeld“ in Südamerika betrifft, von unserer Seite gibt’s hier aber vor allem Positives. Ok, wir mussten in Quito auch sieben Bancomaten abklappern, bevor wir Geld kriegten. Aber dies lag nicht an unserer VISA-Karte, sondern daran, dass man in grösseren Städten aus Sicherheitsgründen meist nicht mehr als USD 100 auf’s mal abheben kann. Als wir das mal kapiert hatten, ging’s eigentlich immer ohne Probleme. Selbst in kleineren Orten wie Chachapoyas oder Copacabana hatte es Bancomaten, welche bis zu umgerechnet USD 300 ausspuckten. Im täglichen Gebrauch sind jedoch Noten im Wert von USD 20 oder höher ziemlich nutzlos. Kleine Einkäufe mit grossen Scheinen zu bezahlen bedeutet meist, dass die Verkäuferin alle benachbarten Marktstände nach Kleingeld abklappern muss, um Wechselgeld zu kriegen. Wir passten uns also den Einheimischen an, und horteten wenn immer möglich genug Kleingeld.  

Streunende Hunde:

Egal wo man in Südamerika ist, egal was man tut – eines ist sicher: irgend ein kleiner oder grosser, schöner oder hässlicher, struppiger oder kuschliger aber immer freundlicher Hund steht einem zur Seite. Selbst wenn man irgendwo in der Pampa eine Wanderung unternimmt, man kann sich fast sicher sein, einen vierbeinigen Begleiter dabei zu haben. Es ist aber keineswegs so, dass alle Hunde freilebend sind, die Hundehaltung wird in den Andenländern einfach etwas anders gelebt als bei uns. So denkt ein Hundebesitzer grundsätzlich, dass sich der Hund durchaus selbständig ernähren kann. Die Schattenseiten davon bekommt man jeweils an den Autobahnen in den Gräben zu sehen.... Wir waren immer wieder entzückt von der Freude und Dankbarkeit dieser Hunde – jede Sekunde Aufmerksamkeit die ihnen entgegen gebracht wird, wird mit treuem Hundeaugenblick verdankt. Ja, den einen oder anderen Hund hätten wir gerne adoptiert... und wenn Nicole das sagt, heisst das was!!! :-)

Kulinarisches:

Wir hätten hier eigentlich gerne ein paar exotische Ess-Erlebnisse aufgezählt, aber da fällt uns gleich spontan gar nichts ein. Klar gibt’s in Spezialitätenrestaurants Meerschweinchen und Lamafleisch, aber dies wird meist exklusiv für Touristen zubereitet. In Ecuador/Nordperu ist vor allem ein Gericht ganz gross angesagt: „Arroz con Pollo“, also ein Berg Reis mit wenig Hühnerfleisch und noch weniger Gemüse. Sehr sättigend und preiswert (ca. 2 USD als Mittagsmenü inkl. Suppe), aber mit der Zeit auch ziemlich langweilig. Leckere Reis-Alternativen wie Kochbananen oder Maniok sind eher selten auf der Speisekarte. Wir haben wenn immer möglich selbst gekocht, und konnten so den Ernährungsplan auch etwas abwechslungsreicher gestalten. Die Zutaten kriegt man in den überall vorhandenen Markthallen (Supermärkte sind eher selten). So kamen auch öfters frisch gepflückte Avocados und saftige Mangos, aber auch Exotischeres wie Taxo’s und Pepino’s auf den Teller.

In Südperu/Bolivien könnte man sich dann auch ohne Probleme ausschliesslich italienisch ernähren, gewisse Ortschaften haben heute schon eine höhere Dichte an Pizzerien als Rom. Unter den Beilagen und Snacks finden sich dann doch glücklicherweise noch ein paar richtig leckere Spezialitäten. Hier eine kleine, unvollständige Auswahl:

- Jugo de Tomate de Arbol (Saft der „Baumtomate“, einer exotischen Frucht die mit der eigentlichen Tomate nichts zu tun hat – irgendetwas zwischen Melone, Kürbis und Birne... macht einfach süchtig).

- Tamales / Humitas (In Pflanzenblättern gedämfter Teig-Brei, gesüsst als Frühstück, oder mit Fleischstücken und gewürzt als Snack. Achtung: Das Blatt nicht mitessen – ist nur „Verpackung“).

- Chifles (Chips aus Kochbananen.)

- Ají (Scharfe Sauce aus Chilischoten, Knoblauch und Koriander. Wenn nach dem Abkochen immer noch Bakterien im Essen sind: Diese Sauce tötet alles. :-))

- Torta tres Leches (In Kondensmilch getränkter Bisquit-Kuchen... mmmmhhhh.)

- Chicha Morada (Peruanisches Nationalgetränk; eine Art Eistee, hergestellt aus violettem Mais. Gesünder und leckerer als die Zuckerbombe „Inka Kola“).

Trotz dieser leckeren Spezialitäten, mussten wir auch auf Vieles verzichten. So liessen wir die Finger von Glacé und Salat. Aufgrund der vielen Stromausfälle ist auch die Fleischkühlung nicht immer gewährleistet, also waren wir auch dort vorsichtig. Früchte und Gemüse haben wir immer geschält oder gekocht. So haben wir fast zwei Monate überstanden bevor’s uns dann doch noch mit einer Magenverstimmung erwischt hat. Alles kann man halt nicht kontrollieren. :-)

Übernachten:

Nach drei Monaten in US-amerikanischen anonymen Motels freuten wir uns schon richtig auf lebendige Hostels. Und wir wurden definitiv nicht enttäuscht. Für durchschnittlich USD 15 pro Person findet man ausgezeichnete Herbergen, meist mit Küche und praktisch immer mit kabellosem Internetzugang. Als Entscheidungshilfe Nr. 1 bestätigte sich auch hier der Bewertungsdienst „TripAdvisor“. In grösseren Orten gibt’s meist haufenweise Übernachtungsmöglichkeiten. Wir entschieden uns für kleinere, privat geführte Hostels, wo wir auch meist auf ähnlich gesinnte Reisende trafen (immer wertvoll für Tipps und sonstige interessante Gespräche). Als Alternative gibt’s in grösseren Städten „Party“-Hostelketten wie „LOKI“, aber dafür waren wir definitiv zu alt. :-)


Absolutes Highlight: Hostel D’Mathias in Baños. Für USD 6 pro Person kriegten wir ein superschönes Doppelzimmer mit Bad und Flatscreen-Fernseher. Wir haben dann mal spasseshalber ausgerechnet, wie lange wir dort von unseren Ersparnissen leben könnten ohne zu arbeiten. Leider reicht’s noch nicht ganz bis zum Pensionsalter. :-)


Und dann wäre noch das Thema mit der Wäsche: Möglichkeiten um selbst zu waschen findet man selten bis nie. Dafür gibt’s an jeder Strassenecke private Kleinwäschereien (ca. 50 Cents pro Kilo für’s Waschen/Trocknen).

Reisen:

Grundsätzlich gibt’s in den Andenländern nur ein Verkehrsmittel für Reisende: Den Bus! Flüge sind zu teuer, Eisenbahnen zu selten und für ein Mietauto bräuchte man Nerven wie Drahtseile. Wir waren jedenfalls positiv überrascht vom Preis/Leistungsverhältnis der Busgesellschaften. In Ecuador/Bolivien gilt: USD 1 pro Fahrstunde. Die Busse sind in diesen Ländern zweckgemäss ausgestattet und bieten sogar für europäische Verhältnisse ausreichend Beinfreiheit. Luxus gibt’s nicht. Dafür wird man pausenlos unterhalten, sei es von zugestiegenen Strassenverkäufern oder vom Fernsehgerät. Was die Filmauswahl angeht, gibt’s meist das zu sehen, was sich niemand freiwillig antun würde. Die argentinischen Slapstick-Komödien (Papa se volvio loco) waren da noch das Beste. Sonst gab’s vom 70er-Jahre Van Damme-Streifen bis zum deutschen Low Budget-Splatterfilm alles zu sehen was irgendwie blutig und geschmacklos ist. Da hilft nur eins: Kopfhörer rein und zum Fenster rausschauen. :-)


Eine ganz andere Kategorie von Bussen gibt‘s in Peru. Gut gewartete und moderne Doppelstöcker, teilweise mit überbreiten Ledersitzen bestückt. Man reist wie in der First Class, und Essen gibt’s auch noch dazu (Arroz con Pollo, logisch...). Ein wenig teurer als in den anderen Andenländern, aber vergleichsweise immer noch ein Schnäppchen. Und die Filme sind auch besser. :-)


Ein unverzichtbares Hilfsmittel in Südamerika war das Smartphone-App „MapsWithMe“. Nicht nur um zu überprüfen, ob der Taxifahrer richtig fährt. :-)
 Auch im Bus nützlich, um zu wissen wo man gerade ist... Haltestellen werden ja meist nicht ausgerufen.

Der Sonderfall:

Für alle obenstehenden Regeln gibt’s eine Ausnahme, welche auch sonst alles andere in den Schatten stellt: Galapagos!!! Wir haben mittlerweile ein paar Ecken unserer Welt gesehen, aber diese magische Symbiose aus wunderschöner Landschaft und überwältigender Tierwelt steht ganz oben auf unserer Rangliste. Nichts lässt sich mit dieser Inselwelt vergleichen, und deshalb ist es auch schwierig sie einzuordnen. Es ist zwar irgendwie Ecuador, aber irgendwie auch nicht... egal in welcher Hinsicht. Am Besten geht man selbst hin und macht sich ein Bild.

Fazit:

Die Andenländer waren klar der abenteuerlichste Teil unserer Reise, aber auch der interessanteste und überraschenste. Und abgesehen davon der mit Abstand günstigste. Unser Südamerika-Tagesbudget von USD 45 pro Tag/Person erreichten wir so gut wie nie, meist lagen wir sogar deutlich darunter (Galapagos ausgenommen).

2 Kommentare:

  1. He! - Super Infos. - Dankeschön.
    Frage: Kommt ihr irgend mal wieder in die Schweiz zurück oder arbeitet ihr anschliessend direkt für die UNO?
    Macht's gut - weiterhin eine wunderschöne Welteroberungs-Zeit.
    Ubo

    P.S. Ab heute um 12:02 haben wir Frühling.

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  2. Hallo Ubo

    Gerngeschehen. Ich hoffe du kannst die Infos gebrauchen, Jetzt wo Sandra wieder in der Schweiz und wir in Neuseeland sind, hätte es wieder Platz für einen "Bosshard" in Südamerika. :-)

    Ansonsten: Weiter weg als Neuseeland geht ja eigentlich nicht, also sind wir rein theoretisch schon wieder auf dem Heimweg. :-) Da aber noch Australien und Asien dazwischen liegen dauert's doch noch bis 15. Juni bis wir landen... bis dann sollte der Frühling dann auch in der Schweiz zu spüren sein. :-)

    Gruss aus Waitomo (sonnig, 22 Grad)

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