3. Mai 2013

Tipps und Tricks - Argentinien/Chile


Hier noch der zweite Teil unserer „Südamerika“-Zusammenfassung. Argentinien und Chile grenzen zwar im Norden an die Andenländer, haben aber mit der dortigen, indigen geprägten Kultur nicht viel gemeinsam. In Chile wurden wir sogar, von Bolivien her einreisend, mit den Worten „Willkommen in der Zivilisation“ begrüsst. Ein Versprechen, welches nicht immer eingehalten wurde... aber dazu später.

Länder und Leute:

Wir geben’s ja zu, wir haben die ersten Tage in Salta so richtig genossen. Für „Argentinien-Kenner“ mag diese Stadt zwar nicht so speziell sein, nach zwei Monaten in der Andenregion wirkte sie auf uns aber wie eine Oase. Alles schien irgendwie vertraut und organisiert. Plötzlich fielen wir auch optisch nicht mehr auf, und wurden sogar von anderen Touristen für Einheimische gehalten bzw. nach dem Weg gefragt. :-) Nachts noch die Stadt erkunden – kein Problem. Im Gegenteil, sobald es dunkel wird, kommt Leben in die argentinischen Strassen. Sogar Familien mit Kleinkindern sind um Mitternacht noch draussen anzutreffen. Man sieht die europäisch geprägte Geschichte den Menschen und dem Strassenbild an. Nicht nur Spanier, sondern auch Italiener, Deutsche, Waliser, Kroaten und sogar Schweizer haben einzelnen Regionen ihren Stempel aufgedrückt. Leider hat diese Einwanderung auch dazu geführt, dass die indigene Mapuche-Kultur fast ausgestorben ist.

Natürlich fiel uns die kulturelle Verwandtschaft zu Europa vor allem deswegen extrem auf, weil wir uns in den Andenländern schon ein wenig an die dortige Lebensweise angepasst hatten. Hätten wir Argentinien und Chile zuerst bereist, wären uns wahrscheinlich eher die Unterschiede als die Ähnlichkeiten zur Heimat aufgefallen. Denn auch diese Länder sind in vielen alltäglichen Belangen typisch südamerikanisch. Oberste Regel: Immer Kleingeld und WC-Papier griffbereit haben, das ist nämlich Mangelware (im Gegensatz zu streunenden Hunden, die gibt’s auch hier an jeder Strassenecke). Kenntnisse der Landessprache sind in vielen Regionen sehr nützlich, auch wenn man sich mit Englisch in Patagonien und den Hauptstädten gut durchschlagen könnte. Jedoch, auch wer meint, er könne sich in Spanisch verständigen, kommt irgendwann an seine Grenzen. Den argentinischen Dialekt konnten wir zwar mit ein bisschen Übung verstehen und selbst nachahmen, aber beim „Chileñol“ genannte Kauderwelsch Chile’s verstanden wir nur noch Bahnhof. :-)

Ärgerliches:

Alles was im Kapitel „Andenländer“ über Taxifahrer geschrieben wurde trifft auch hier zu. Zwar erkennen diese einen optisch nicht gleich als Touristen, sobald sie’s aber merken, steigen die Fahrpreise rasant an. Tipp: In grösseren Städten besser gleich die U-Bahn oder den lokalen Bus nehmen.

Auffälliges:

Chile und Argentinien sind sich geschichtlich sehr ähnlich. Beide Länder sind geprägt von Einwanderern aus Europa, sie haben Militärdiktaturen und turbulente Wirtschaftskrisen durchlebt und gelten wirtschaftlich als Schwellenländer. Trotzdem haben wir die jeweiligen Bevölkerungen als ziemlich verschieden erlebt.

Das Vorurteil, die Argentinier seien arrogant, trifft unserer Meinung nach überhaupt nicht zu. Wir erlebten die Einheimischen grösstenteils als sehr hilfsbereite und freundliche, wenn auch sehr laute Menschen. :-)  Ob die Argentinier durch die anhaltenden Wirtschaftsprobleme auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurden, oder ob dieses Vorurteil schon immer falsch war, können wir hier nicht beurteilen. Der Nationalstolz beschränkt sich meist auf Fussballer wie Messi und Maradona sowie (neuerdings) den Papst, aber sicher nicht auf die Politik und Wirtschaft des Landes. Viele Argentinier spüren die Krise am eigenen Leibe. Die Währung wird immer schwächer, und somit alle Güter (insbesondere Lebensmittel) immer teurer, auch wenn die Regierung dies offiziell bestreitet. Auch Langstrecken-Busfahrten können sich mittlerweile nur noch Besserverdienende und Touristen leisten. Doch die Argentinier jammern nicht; im Gegenteil, viele entwickeln erst recht einen Unternehmer-Instinkt. Egal ob Hostelbetreiber, Kellner oder Supermarkt-Verkäuferinnen, wir spürten vielfach eine Arbeitsfreude und Motivation, welche wir so nicht erwartet hätten.

Beim Nachbarn Chile merkt man dann, dass die Regierung in den letzten Jahren sehr vieles richtig gemacht haben muss. Die Infrastruktur ist durchdacht, die Wirtschaft stabil bis wachsend und die Busse der grossen Unternehmen fahren auch meist pünktlich. :-) Diese spürbare Organisation ist in Südamerika tatsächlich eine Seltenheit, und macht die Chilenen auch sehr stolz und patriotisch. Man ist so fest überzeugt, die einzige zivilisierte Nation der Region zu sein, dass die Nachbarstaaten vielfach belächelt werden.

Aber trotz dieser hervorragenden Rahmenbedingungen sieht die Realität nicht immer so perfekt aus. Viele alltägliche Dinge scheitern, im Gegensatz zu Argentinien, meist an der mangelnden Arbeitsmotivation der Bevölkerung. Das Motto „der Lohn kommt ja sowieso, egal wie hart ich arbeite“ scheint hier sehr verbreitet zu sein, und Kunden werden vielfach als unwillkommene Störung angesehen. Sei es bei der münzsortierenden Glacéverkäuferin, den tratschenden Schuhverkäuferinnen, der SMS-schreibenden Hostelreceptionistin, usw. (PS: Das Glacé haben wir dann bei der Fast-Food-Kette nebenan gekauft, da uns erwähnte Verkäuferin auch nach 5 Minuten nicht bemerken wollte. *g*)

In die selbe Kategorie fallen auch sonstige Unbequemlichkeiten, welche wir eigentlich eher in den Andenländern erwartet hätten. Zum Beispiel die leeren Bancomaten in San Pedro und das nicht funktionierende Reservationssystem des Hostels in Puerto Natales. Grundsätzlich wären die Voraussetzungen ja gegeben, aber wenn die verantwortliche Person keine Lust hat den Job zu machen, bringt dies leider auch nichts.

Natürlich gibt es auch sehr viele zuvorkommende, freundliche und fleissige Chilenen, welche sich über oben beschriebene Problematik in ihrem Land ziemlich ärgern. Gute Eindrücke sammelten wir vor allem in kleineren, privat geführten Geschäften/Hostels/Restaurants, wo die Eigentümer selbst hinter der Kasse stehen. Sinnbilder hierfür sind z.B. die pensionierte ältere Dame unseres Hostels in Puerto Montt (inkl. Frühstück in der Familienküche) oder der taubstumme Herr, der es schaffte, uns ohne Worte in seine Frisch-Fisch-Beiz in Anselmo zu locken.

Kulinarisches:

Wie haben wir uns auf das argentinische Essen gefreut! Nach zwei Monaten Reis und Hühnchen in den Andenländern gönnten wir uns, kaum über die Grenze, gleich ein herzhaftes Stück Rindfleisch. Ob im Restaurant oder selbst gegrillt, ob „Bife de Lomo“ (Fillet) oder „Bife de Chorizo“ (Rumpsteak)... alles was über argentinisches Rindfleisch gesagt wird, stimmt. Und vor Ort schmeckt’s nochmals besser, als nach einer langen „Export“-Reise über den Ozean. Zudem gehört das Asado (eine Art XXL-Grillparty) seit Ewigkeiten zur Landeskultur. Trotzdem, oder gerade deshalb, weiss ich nicht, ob wir jemals wieder ein argentinisches Steak in der Schweiz kaufen werden... es ist halt einfach nicht dasselbe, und abgesehen davon auch um ein Vielfaches teurer als bei den Gauchos. Da klopfen wir dann zuhause lieber beim Bauer an. :-)

Neben dem omnipräsenten Fleisch und dem weltbekannten Rotwein (Malbec/Carménère) haben Argentinien und Chile auch noch ein paar weniger berühmte, aber nicht minder leckere Spezialitäten im Angebot. Unsere Hitparade:

1. Platz: Dulce de Leche (Ultrasüsse caramelisierte Kondensmilch für auf’s Brot, in Chile „Manjar“ genannt)

2. Platz: Alfajores (Bisquits mit „Dulce de Leche“-Füllung. Unsere Lieblingsmarke: Terrabusi)

3. Platz: Mate (Der bitterste Tee weltweit, aber das hindert niemanden daran, das Zeugs literweise zu trinken. Kein richtiger Argentinier verlässt das Haus ohne Thermoskanne, Becher und „Bombilla“... egal ob’s draussen 40 Grad heiss ist. *g*)

Übernachten:

Zwar sind in Argentinien und Chile wieder alle bekannten internationalen Hotelketten vertreten, wir blieben aber auch dort den kleineren Hostels treu.Für vergleichbare Qualität mussten wir aber doppelt so viel hinlegen wie bspw. in Ecuador/Peru, also ca. USD 40-50 für’s Doppelzimmer. Da die Küchen meist sehr gut ausgerüstet sind, konnten wir mit Selbst-Kochen einige Peso’s sparen. Highlights: "La Tosca" in Puerto Madryn und "Laos" in Mendoza. Zwei gaaaanz gemütliche Hostels mit gemütlichen Gärten, schönen Zimmern und superfreundlichen Gastgebern.

Reisen:

Kaum ein Bereich des Alltags frustrierte uns so stark wie die Busreisen in Argentinien. Einerseits stiegen die Preise in den letzten Jahren massiv an, und wir bezahlten meist doppelt so viel, wie in unserem Reiseführer (Ausgabe 2010) aufgeführt war. Und wir wurden nicht mal über den Tisch gezogen (Einheimische zahlen gleich viel)! In Geldeinheiten ausgedrückt: ca. USD 5 pro Fahrstunde (also 5mal so viel wie in Ecuador/Bolivien).

Und wer denkt, der höhere Preis bedeute höhere Qualität, der wird gleich nochmals enttäuscht. Über die Hälfte unserer Busse war schon bei Abfahrt verspätet... und dann nicht nur ein paar Minuten. Nein, meist bedeutete dies 2-4 Stunden Wartezeit am Busbahnhof ohne Gewissheit, ob der Bus überhaupt noch kommt. Auf der Fahrt zum Reiseziel kam dann meist noch die eine oder andere Panne oder Reparatur dazu, aber das spielte dann eigentlich keine Rolle mehr. :-)
 Es scheint, als hätten die argentinischen Busgesellschaften einfach keinen Peso mehr übrig, um ihre Fahrzeuge zu warten. Man fährt einfach, bis etwas kaputt geht. Sorry Argentinien, aber hier könnt ihr von den Chilenen noch etwas lernen. Dort kosten die Busse zwar auch nicht wenig, sie sind aber wenigstens zuverlässig.

Wenn’s dann mal rollte, dann entschädigte die unglaublich abwechslungsreiche Landschaft aber für vieles... mal abgesehen von den unendlich langweiligen Steppen Patagoniens. :-)



Fazit:

Ein bisschen weniger abenteuerlich als die Andenländer, aber auf eine ganz andere Art und Weise sehr interessant. Besonders aus Argentinien, wo wir auch viel mehr Zeit verbracht haben, nahmen wir sehr schöne Erinnerungen mit.

Finanziell gesehen, haben vor allem die Reisekosten unser Budget stark belastet. Die geplanten USD 45 pro Tag/Person waren somit leider oft zu knapp bemessen. Da wir aber zuvor in den Andenländern deutlich weniger ausgegeben hatten, ging’s am Ende doch wieder auf. :-)

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank für die Superinfos - selbst 2 Wochen später waren sie noch immer sehr interessant ! - Chapeau.
    Herzliche Grüsse aus dem Fricktal nach Australien und weiterhin nur das Allerbeste.
    Myrta & Ubo

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